SWIMMING WITH THE LOVERS
2019
Fineliner und Aquarell auf Papier
27,7 x 55,4 cm
Unterstützender Entwickler: Leonid Barsht
Das Spiel mit Nähe und Distanz treibt auch die mit der Zeichnung verknüpfte Augmented-Reality-App INKA AR weiter: Glaubte man sich zunächst nur wenige Schritte von der badenden Bildfigur entfernt, lässt die Anwendung einen ganzen Wald papierener Topfpflanzen hinter einer geschlossenen Tür aufpoppen, die einen durch ihre räumliche Dimension in weite Ferne der Szene zu rücken scheinen. Ein zusätzliches Element bildet unter anderem rechterhand eine die waldmeistergrüne Badezimmerkachelung weiterführende Raumecke mit Waschbecken, Bademantel und Handtuch. Und damit nicht genug: Das Gesicht der Protagonistin ist plötzlich entstellt zu einer einäugigen Fratze, die durch ihre abschreckende Wirkung eine zusätzliche Ebene der (emotionalen) Distanz evoziert. Alle eingeblendeten Elemente sind weiterhin analog gezeichnet, die digitale Augmented-Reality-Technik aber ermöglicht ihre räumliche Anordnung und eine spielerische Interaktion: Durch Berühren des Bildschirms lassen sich – untermalt durch ein deutliches Platschen – zuerst die Tür und im Anschluss nahezu alle übrigen Bestandteile der erweiterten Realität wieder entfernen; allein die aufgeklappte Raumecke bleibt hartnäckig bestehen. Jedes Tippen führt außerdem zu einer weiteren surrealen Metamorphose der Protagonistin, und nur vereinzelt taucht wie eine ephemere Vision ihr vertrautes Gesicht wieder auf.
Für die Augmentierung von Swimming with the lovers separierte Bianca Kennedy ihre Ideen in sinnvolle Teilaufgaben, wodurch ein strukturiertes und effizientes Vorgehen möglich war. Parallel zur tatsächlichen Umsetzung ermöglichte dies die Vertiefung in einzelne Teilgebiete der Entwicklung von Augmented Reality-Anwendungen und gab der Künstlerin das Wissen und die nötigen Werkzeuge, um vergleichbare Projekte in Zukunft eigenständig realisieren zu können. Einer der Kernpunkte dieser AR-Arbeit war die Interaktion, da beim Berühren des Smartphone-Bildschirms verschiedene Events ausgelöst werden sollen. Bei der Implementierung erfordert dies allerlei Abfragen im Programm, wo z.B. der Bildschirm berührt wurde, ob es sich um einen einzelnen Klick handelt etc. Ebenso bedarf es weiteren Code, wenn die Berührungen beim Entwickeln am Computer getestet werden sollen. Um all dies zu vereinfachen, wurde das Tool Lean Touch in das Projekt importiert, welches viele der Basisabfragen bereits intern übernimmt.
Text: Maja Stark und Leonid Barsht
Über die Künstlerin:
Bianca Kennedy studierte Freie Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in München und machte dort ihren Meisterschülerabschluss bei Professor Klaus vom Bruch. Stipendienaufenthalte führten sie nach Nordamerika, Barcelona, Athen und Tokio. Ihre Animationen, Zeichnungen und ortsspezifischen Installationen wurden unter anderem im Kunstverein München, im Centro Cultural Banco do Brasil in São Paulo, in der C-Gallery Mailand und bei der Colombo Art Biennale in Sri Lanka gezeigt. Neben analytischen Stop-Motion-Animationen, in denen Bianca Kennedy menschliche Abgründe aufzeigt, arbeitet die Künstlerin regelmäßig an Foto- und Zeichnungsserien, für die sie selbst geschaffene Raummodelle inszeniert.