FROM HOSTILE TO HOSPITABLE

Using Augmented Reality Technology to Visualize Utopia of Friendly Urban Spaces

Eine Kollaboration mit Artistic Fellow Martin Binder, 2023-24.

Wer trifft Entscheidungen über den Stadtraum und wessen Interessen werden vertreten? Wer bestimmt über Nutzungshoheit in der Öffentlichkeit? Wie nehmen konsumorientierte Interessen Einfluss auf die Stadtplanung? Was sagt der öffentliche Raum über eine Gesellschaft aus und wie können unsere Städte menschenfreundlicher gestaltet sein?

Im öffentlichen Raum werden Urban Design und strategische Baumaßnahmen vermehrt zur Verdrängung bestimmter Personengruppen und Verhaltensweisen eingesetzt. Dabei gibt es verschiedene Abstufungen: vom ethisch kontroversen nudging, bei dem individuelles Verhalten durch subtile Impulse gelenkt werden soll, über die mehr oder weniger diskreten Diskriminierungsmaßnahmen von defensive architecture bis hin zu
den weniger dezenten, teils aggressiven Verdrängungsstrategien von hostile
architecture
.

Insbesondere defensive Architektur lässt sich auch in Berlin häufig beobachten. Beispiele hierfür sind spezielle Armlehnen an Bänken, die das Liegen auf diesen verhindern sollen, Bodenbeläge, die das Aufstellen von Zelten blockieren sowie bestimmte Vorrichtungen auf potenziellen Sitzflächen, Lüftungsschächten oder Mauervorsprüngen, die das dortige Verweilen unmöglich machen. Von der strategischen Diskriminierung betroffen sind u.a. Obdachlose. Diese gehören zu jenen Teilöffentlichkeiten, die nicht vom sogenannten öffentlichen Interesse repräsentiert werden und in öffentlichen urbanen Räumen als unerwünscht gelten. Für nicht betroffene Menschen sind die diskriminierenden Motive
hinter den jeweiligen Designs oft nicht wahrnehmbar.

Im Rahmen des Projekts Safe&Urban (2021) gestaltete Martin Binder dystopische Produkte einer fiktiven Stadtmöblierungsfirma. From hostile to hospitable ist eine Weiterentwicklung seiner Auseinandersetzung mit Diskriminierung in urbanen öffentlichen Räumen. Gleichzeitig sind die beiden Projekte gegenläufig aufeinander bezogen: Während bei Safe&Urban ironisch übertriebene Formen von defensiver Architektur im Mittelpunkt stehen, beschäftigt sich from hostile to hospitable mit konkreten Lösungsansätzen und Alternativen.

In Kollaboration mit den interdisziplinären AR-Spezialist:innen der AURORA XR School for Artists an der HTW Berlin entwickelt Martin Binder eine mobile WebAR-Anwendung, um auf defensive Architektur im Berliner Stadtraum aufmerksam zu machen und Informationen bereitzustellen. Dafür werden zunächst gezielt Orte im Berliner Stadtgebiet ausgewählt, die von diskriminierender Gestaltung geprägt sind. Mithilfe der AR-Technologie werden alternative Gegenentwürfe in Form von 3D-Modellen ausgearbeitet, die im Verhältnis zu der vorhandenen Gestaltung als utopische Antithese fungieren.

Bei der Entwicklung des Projekts werden von Diskriminierung im Stadtraum betroffene Menschen sowie Expert:innen einbezogen. Hierzu ist der Künstler im Kontakt mit Obdachlosen-Vertretungen wie querstadtein e.V. und der Berliner Stadtmission.

Mehr Informationen: @safeandurban
Website von Martin Binder: https://bindermartin.com/